Die Bedeutung der Eltern im Prozess der Berufsorientierung

Abstract

Kapitel 6 stellt wesentliche Ergebnisse zur Rolle der Eltern im Berufsorientierungsprozess von Schülerinnen und Schülern vor und analysiert, welchen Einfluss soziale Herkunft und Geschlecht, vermittelt über Erwartungen und Aspirationsniveaus der Eltern, auf die Berufsorientierung von Abiturientinnen und Abiturienten haben. Ergebnisse: Er wurde gezeigt, dass Eltern trotz wandelnder Rollenverhältnisse weiterhin ein zentrales Bezugssystem im Prozess der Berufsorientierung sind. Im Übergang zwischen Schule und Ausbildung kommt es in der Herkunftsfamilie demnach zu starken Selektionsprozessen. Die Entscheidungskriterien (Subjektorientierung oder Orientierung am Arbeitsmarkt) sowie die Aspirationsniveaus (Studium oder Ausbildung) der jungen Erwachsenen stimmen in hohem Maße mit den wahrgenommenen Wünschen bzw. Erwartungen der Eltern überein. Nur wenige junge Erwachsene orientieren sich an der Erwerbsbiographie der Eltern. Alle jungen Männer und viele Frauen, die in den Eltern ein Vorbild sehen, orientieren sich an den Vätern, die nach wie vor die klassischen Vertreter der Erwerbswelt. Die Vorbildfunktion der Eltern für die Berufswahl ist stark geprägt durch die Strukturmerkmale Geschlecht und Schicht. Die Analyse des elterlichen Einflusses auf Berufsorientierungsprozesse verdeutlicht, dass die elterlichen Erwartungen erst im Kontext der Beziehungsform zwischen Eltern und Kindern zu interpretieren sind. So kann ein flexibles Aspirationsniveau (d. h. die Eltern äußern keine Wünsche bezüglich Studium oder Ausbildung) durchaus mit unterschiedlichen Beziehungsformen zu den Eltern einhergehen und damit einen völlig anderen Sinn erhalten. Wichtig ist hier also, die Kontextabhängigkeit elterlicher Erwartungen verstärkter in den Blick zu nehmen, um eine mögliche Fehlinterpretation zu vermeiden.