Die speziellen anatomischen und physiologischen Verhältnisse der Genitoanalregion bieten diversen, meist auf den Menschen spezialisier- ten Bakterien, Pilzen, Viren und Parasiten besondere Lebensräume. Wichtige Pathogenitätsfaktoren sind Feuchtigkeit (aus Körperöffnun- gen wie Urethra, Vagina und Anus sowie durch Schwitzen in intertrigi- nösen Hautfalten), Wärme und Okklusion (besonders bei Adipositas). Durch den engen körperlichen Kontakt beim Geschlechtsverkehr (feuchtwarme Schleimhäute, Reibung) können selbst gewebeständige Keime übertragen werden, die sehr empfindlich gegen Austrocknung sind und außerhalb des Körpers nur sehr kurz überleben würden (z. B. Treponema pallidum). Krankheiten, die überwiegend oder ausschließlich sexuell übertragen werden, werden heute als »sexually transmitted infections« (STI) zusammengefasst. Die Harnröhren beider Geschlechter, aber auch die samenableitenden Wege des Mannes sowie Vagina, Zervixkanal, Uterus und Eileiter der Frau ermöglichen eine direkte Ausbreitung von Erregern (aufsteigende Infektionen), die zu regionalen (Epididymi- tis, Prostatitis, Salpingitis, »pelvic inflammatory disease« [PID], Perito- nitis), aber auch systemischen Komplikationen (Endokarditis, Sepsis) führen können. Extragenitale Manifestationen der STI können durch direkte Infektion empfindlicher Schleimhäute (Oral- bzw. Analverkehr, Schmierinfektio- nen am Auge) ausgelöst werden. Auch die sexuell übertragbaren Allgemeininfektionen wie Syphilis, HIV-Erkrankung und Hepatitis A–C nehmen ihren Ausgang meist von der Genitoanalregion. Neben der somatischen Seite dieser Erkrankungen besitzen sie auch eine bedeut- same psychosoziale Komponente (Erkrankung in einer »Tabuzone«, Ursache von Partnerkonflikten, soziale Verurteilung etc.).
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Schöfer, H. (2020). Genitoanale und sexuell übertragbare Infektionen (STI). In Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie (pp. 1113–1122). Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-61385-6_121
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